Straßenkötergene
„Denn kaum etwas ist gefährlicher als Menschen, die nichts
mehr zu verlieren haben.“
Klappentext
Lou mutiert mit dreizehn Jahren völlig unerwartet zu einem
reinblütigen A-Menschen. Als ihr Vater – wie der Rest der Familie ein einfacher
B- Mensch – von der Königsfamilie ermordet wird, schwört Lou Rache. Verkleidet
als Junge tritt sie in den Dienst ihrer royalen Gegner. Ausgerechnet Königssohn
Jared stielt sich in das Herz der Rebellentochter und Lous Welt steht Kopf.
Gibt sie Jared auf, um das System zu stürzen oder verrät sie ihre Herkunft für
die Liebe ihres Lebens?
Übersicht
Autor: Julia Seuschek
Verlag: Drachenmond Verlag
Sprache: Deutsch
Seiten: 212
ISBN: 978-3-95991-277-8
Genre: Dystopie
Reihe: Nein
Rezension
Lou lebt in einer Welt, in der die Menschheit in drei Rassen
geteilt ist. Kinder, A-Menschen und B-Menschen. Lou entstammt aus einer Familie
von B-Menschen und mutiert zur Überraschung aller mit dreizehn zu einem
A-Menschen. Bereits vor ihrer Mutation hatte sie Probleme mit ihrem
übergriffigen Stiefvater. Diese Probleme haben sich nach Lous Mutation
vervielfacht, sodass sie schließlich von zu Hause weggelaufen ist und nun seit
einigen Jahren auf der Straße lebt. Nur mit ihrem Bruder Adam, der sie
unterstütz wo er nur kann, hat sie noch regelmäßigen Kontakt. Lous Vater wurde
von der Königsfamilie ermordet, nachdem er eine Rebellion gegen das Königshaus
angeführt hat. In Lou reift ein Plan um Rache zu nehmen. Als Junge verkleidet
nimmt sie eine Stelle als Diener im Palast an. Doch dann trifft sie den
Königssohn Jared und beginnt ihre Vorurteile gegenüber dem Königshaus zu
überdenken.
Julia Seuscheks Schreibstil ist sehr eigenartig. Er ist eine
merkwürdige Mischung aus Jugendslang, ausufernden poetischen Beschreibungen und
kurzen abgehakten Sätzen. Dadurch wird der Lesefluß erheblich gestört. Denn der
Schreibstil wirkt auf der einen Seite künstlich und gestelzt,
während auf der anderen Seite wichtige und spannungsgeladen Szenen häufig im Schnelldurchlauf
erzählt werden. Der methapernreiche Stil wirkt zudem oft unfreiwillig komisch. So
geht der Geschichte auch viel an Spannung verloren.
Die Charaktere bleiben für den Leser farblos und schlecht
greifbar. Über die meisten der Nebencharaktere erfährt man gar nichts oder nur
sehr wenig. Aber auch die beiden Protagonisten Lou und Jared sind nicht
besonders tiefgründig ausgearbeitet. Die Freundschaft und später auch die
Beziehung zwischen den beiden entwickelt sich hastig und auf für den Leser
nicht nachvollziehbare Weise. In sehr kurzer Zeit entwickeln sich die beiden
von Fremden, die einander eher unsympathisch sind, zu guten Freunden, bevor sie
kurz darauf zu einem Liebespaar werden. Was genau sich geändert hat ist für den
Lesern aufgrund der gehetzten Schreibweise und nicht vorhandener tiefergehender
Informationen nicht zu verstehen. Auch das Verhalten der beiden ist meistens
eher unlogisch. Ihre freundschaftlichen Neckereien, arten regelmäßig in
verletzende Beleidigung aus. Doch keinem der beiden scheint dies bewusst zu
sein. Sie erfahren wichtige Geheimisse von einander und nehmen das fast
kommentarlos hin. Außerdem scheinen sich die beide permanent extrem unsicher
über ihre Beziehung zu sein, sind aber trotzdem fest davon überzeugt die wahre
Liebe gefunden zu haben.
Die Handlungsstränge, welche die restlichen Charaktere
betreffen, werden nur grob angerissen und häufig nicht zu Ende geführt. Dies
passt auch zum restlichen Aufbau des Buches. Alles, was sich außerhalb der
Liebesgeschichte abspielt, wird nur grob angerissen. Vieles wird nicht oder nur
so unzureichend erklärt. Natürlich gab es eine atomare Katastrophe, aber viel
mehr erfährt man über den Aufbau der Welt und die gesellschaftlichen Strukturen
nicht. Dazu kommen viele unlogische Elemente. So scheinen die meisten
Errungenschaften unserer Zivilisation verloren gegangen sein, aber ausgerechnet
Dinge wie Nutella, Twilight oder Sherlock Holmes haben die Zeit überdauert.
Busfahren ist nur noch für Reiche erschwinglich, aber Nutella anscheinend immer
noch weit verbreitet. Ein Wildvogel überbringt plötzlich für Lou und Adam
Nachrichten, als wäre dies etwas vollkommen normales. Jared baut innerhalb
weniger Minuten eine tiefe Freundschaft zu einem fremden Jungen auf, der ihm
sofort bei einer gefährlichen Unternehmung hilft. Lou und Jared werden zusammen
zum Unterricht geschickt um zu unterbinden, dass die beide Zeit miteinander
verbringen. Zusammen mit den vielen losen Handlungssträngen und den offenen
Fragen die am Ende bleiben, lässt dies das gesamte Buch sehr unausgegoren und
unvollständig wirken.
Fazit
Ich fand Straßenkötergene wirklich schlecht! Ich lese sehr
gerne Dystopien, die Grundidee hat mir gefallen und der Klappentext las sich
auch sehr spannend. Deshalb habe ich mich besonders gefreut, als ich
Straßenkötergene gewonnen habe. Doch alle meine Erwartungen wurden leider
völlig enttäuscht. Das Buch erweckt bei mir den Eindruck, als hätte die Autorin
eine vage Idee für eine Dystopie und einige schwülstige Dialoge für eine
Liebesgeschichte gehabt und versucht beides irgendwie zu einem Buch zu
vermischen. Der Anfang war noch recht vielversprechend, obwohl mir der
Schreibstil nicht so zugesagt hat, aber dann kommt die Liebesgeschichte und
plötzlich ist das Buch schon zu Ende. Tausend Dinge werden angesprochen, viele
Handlungsstränge eingeführt, einige der Nebencharaktere erhalten Ansätze einer
eigene Geschichte. Vieles davon wird jedoch nicht zu Ende geführt. Die
Erklärungen für den Rest wirken oft sehr an den Haaren herbeigezogen.
Straßenkötergene ist als Einzelband angelegt, die Autorin könnte sich jedoch
möglicherweise eine Fortsetzung vorstellen. Ich sehe dafür leider kein
Potenzial.
Das Buch lässt mich mit tausend Fragezeichen und einem
Gefühl der Enttäuschung zurück. Leider kann ich Straßenkötergene nicht weiter
empfehlen.
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