Bäckersmann und Tagedieb
„Das
wird dir noch leidtun! Jetzt hast du keinen Sohn mehr, nur noch Töchter und
einen flohzerfressenen, linkischen Tagedieb als Lehrjungen. Nimm doch ihn als
deinen Erben. Esel zu Esel! Aber komme nicht mehr zu mir! Ich bin frei.“
Klappentext
1591 in der
rheinischen Stadt Andernach. Der Gassenjunge Thomas hadert mit seinem
Schicksal. Getrieben vom Hunger stiehlt er ein Brot, wird erwischt und
eingekerkert. Doch ausgerechnet der bestohlene Bäcker Mätthes sorgt für seine
Freilassung und nimmt ihn als Lehrjungen in sein Haus auf. Dem Sohn des Hauses,
Franz, gefällt das gar nicht und er unternimmt alles, um dem Neuankömmling das
Leben schwer zu machen.
Die Umstände
ändern sich, als sich Thomas in einer für die Familie bedrohlichen Situation
bewährt und die beiden Jungen beginnen ein Band der Freundschaft zu flechten.
Ein Angriff auf die Stadt ändert dann alles …
Der Aufstieg
eines Betteljungen zum Bäckerlehrling und schließlich zu einem Helden der
Stadt. Eine Geschichte um Freundschaft, Liebe und Ränkespiele.
Bei seinem
Debüt verbindet Guido Theodor Krämer die Elemente der Bäckerjungensage
geschickt mit geschichtlichen Ereignissen und Fiktion zu einem bunten
historischen Roman. Gefühlvoll und spannend entführt er den Leser dabei in die
Zeit der Renaissance und der Reformation, in der Europa das Mittelalter
verabschiedet.
Übersicht
Autor: Guido Theodor Krämer
Verlag: MASOU Verlag
Sprache: Deutsch
Seiten: 522
ISBN: 978-3944648804
Genre: historischer Roman
Reihe: Nein
Dieses Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung
gestellt.
Rezension
Der Straßenjunge Thomas wird dabei erwischt wie er, aus
Hunger, den Bäcker Mätthes bestiehlt. Doch zu seiner Überraschung wird er nicht
bestraft, sondern von dem Bäcker als Lehrjunge aufgenommen. Dessen Sohn, Franz
ist davon überhaupt nicht begeistert. Er möchte den vermeintlichen Nebenbuhler
am liebsten sofort wieder loswerden. Erst als Thomas seinen Vater von einem
schlimmen Verdacht freispricht und ihm eine schwere Bestrafung erspart, ändert
Franz seine Meinung.
Langsam beginnen die beiden Jungen Freundschaft zu schließen
und hecken zusammen den einen oder anderen Streich aus. Einer dieser Streiche
nimmt eine überraschende Wendung. Plötzlich werden die Jungen zu den
Verteidigern der Stadt und überall als Helden gefeiert.
Doch das Glück der beiden bleibt getrübt. Der strenge
Richter Katzmann scheint es besonders auf Thomas und Mätthes abgesehen zu
haben. Außerdem vermuten Thomas und Franz, dass Katzmann mehr über den
überraschenden Angriff auf die Stadt weiß, als er bereit ist zuzugeben. Werden
sie beweisen können, dass er nicht so treu zu Andernach steht, wie er vorgibt?
Dann gibt es da noch die Magd Agnes, auf die Thomas ein Auge geworfen hat. Wird
er sie für sich gewinnen können?
Der Schreibstil des Autors ist bewusst altmodisch gehalten,
um so zum Thema des Buches zu passen. Er lässt sich angenehm und flüssig lesen
und versetzt den Leser geschickt einige Jahrhunderte in die Vergangenheit.
Der Straßenjunge Thomas träumt von einem besseren Leben und
kann sein Glück kaum fassen, als der Bäcker Mätthes ihn tatsächlich als
Lehrling aufnimmt. Aus diesem Grund ist er besonders eifrig bestrebt seinen
Meister zufrieden zustellen und erfüllt alle seine Aufgaben sehr
pflichtbewusst. Obwohl der Bäcker nichts an seinem neuen Lehrjungen
auszusetzen hat und ihn gerne in seinen Haushalt aufnimmt, bleibt bei Thomas
die Angst davor, dass er jederzeit wieder auf der Straße sitzen könnte. Dazu
trägt auch Franz, der Sohn des Bäckers bei. Dieser sieht in Thomas nicht nur
einen Bettler und Dieb, den Abschaum der Stadt, sondern auch einen unliebsamen
Konkurrenten um die Gunst seines Vaters. Thomas steht jedoch treu zu seinem
Lehrherren und dem Rest der Familie. So kann er schließlich auch Franz davon
überzeugen, dass er ihm nicht schaden wird. Während Franz manchmal sehr vorlaut
ist, ein großes Mundwerk hat und vor Selbstbewusstsein und verrückten Einfällen
nur so strotzt, ist Thomas oft das genaue Gegenteil. Er ist eher schüchtern und
zurückhalten. Durch seine Vergangenheit und die Verachtung die er als
Straßenjungen häufig von seinen Mitmenschen erfahren hat, schämt er sich häufig
dafür wer er ist und verfügt nur über ein niedriges Selbstbewusstsein. Am
liebsten möchte er möglichst unauffällig im Hintergrund bleiben, keinen Ärger
machen und die Leute vergessen lassen, dass er einmal ein Bettler war. Während
Franz immer zu Streichen und derben Scherzen aufgelegt ist, wirkt Thomas so oft
ein wenig wie ein Moralapostel. Er legt es jedoch nur ungern auf Streit an und
ist oft bereit seine eigene Meinung zurückzuhalten um nicht in den Mittelpunkt
der Aufmerksamkeit zu geraten. Thomas ist immer darum bemüht das Richtige zu
tun und wenn es darauf ankommt, lässt er sich auch nicht einschüchtern. In
solchen Fällen kämpft er mutig für das, was ihm wichtig ist.
Die Geschichte ist in sich stimmig, logisch und
nachvollziehbar. Die Charaktere haben Stärken und Schwächen, die sie für den
Leser lebendig machen. Das Buch ist gut recherchiert und dort wo sich der Autor
künstlerische Freiheiten erlaubt hat, erklärt er dies im Nachwort für seine
Leser.
Die andernacher Bäckerjungensage bildet die Grundlage für
die Geschichte. Da in der Sage drei verschiedene historische Ereignisse
miteinander vermischt werden und es somit keinen konkreten historischen
Hintergrund gibt, hat der Autor die Lücken in der Erzählung geschickt mit
seiner eigenen Phantasie ausgefüllt.
Fazit
Bäckersmann und Tagedieb hat mir sehr gut gefallen. Die Sage
um die Bäckerjungen aus Andernach kannte ich bisher nicht und so habe ich beim
Lesen gleich auch noch eine interessante lokale Geschichte kennengelernt. Der
Autor hat für sein Buch gut recherchiert, was mir sehr wichtig ist. Rund um die
Bäckerjungen Sage hat er eine wirklich spannende Geschichte geschaffen, die ich
gerne mitverfolgt habe. Obwohl sich Franz und Thomas anfangs alles andere als
grün sind, werden die beiden schließlich im Verlauf der Handlung gute Freunde.
Neben den politischen Intrigen, den religiösen Wirren und den Kämpfen bekommt
die Geschichte so nach einen weiteren, wichtigen Aspekt, der sie besonders
Abwechslungsreich macht. Alle Zutaten für einen guten historischen Roman sind
vorhanden und das Endprodukt kann sich auch durchaus sehen lassen. Für die
Leser die nicht darauf verzichten möchten, gibt es noch eine kleine
Liebesgeschichte, bei der man Thomas erste, tapsige, ein wenig unbeholfene
Versuche in der Liebe mitverfolgen kann.
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