Animant Crumbs Staubchronik

„Manchmal reicht es nicht, nur darüber zu lesen.“





Klappentext
England 1890
Kleider, Bälle und die Suche nach dem perfekten Ehemann. Das ist es, was sich Animants Mutter für ihre Tochter wünscht. Doch Ani hat anderes im Sinn. Sie lebt in einer Welt aus Büchern und bemüht sich der Realität mit Scharfsinn und einer gehörigen Portion Sarkasmus aus dem Weg zu gehen. Bis diese an ihre Tür klopft und ihr ein Angebot macht, das ihr Leben auf dem Kopf stellt.
Ein Monat in London, eine riesige, vollautomatische Suchmaschine, die Umstände der weniger Privilegierten und eine Arbeitsstelle in einer Bibliothek. Und natürlich Gefühle, die sie bis dahin nur aus Büchern kannte.

Übersicht
Autor: Lin Eina
Verlag: Drachenmond Verlag
Sprache: Deutsch
Seiten: 552
ISBN: 978-3-95991-391-1
Genre: historischer Roman
Reihe: Nein

Rezension
Animant Crumb ist eine ungewöhnliche junge Frau für England im Jahr 1890. Am liebsten versinkt sie in der Welt ihrer Bücher. Dabei liest sie selten Romane, erst Recht Liebesromane, ihr Interesse gilt hauptsächlich Fachbüchern aus ganz unterschiedlichen Gebieten. Für gesellschaftliche Konventionen interessiert sie sich nicht. Nur wiederwillig lässt sie sich von ihrer Mutter auf Bälle mitschleppen und hat kein Interesse an der Suche nach dem richtigem Ehemann. Doch plötzlich ändert sich alles. Ihr Onkel Alfred, ein hohes Tier an der Royal University of London, hat eine ungewöhnliche Idee. Seit langem macht ihm der griesgrämige Bibliothekar Mr. Reed,  der bisher noch jeden Assistenten vergrault hat, das Leben schwer. Aber wer könnte besser für diese Stelle geeignet sein als seine Buchverrückte Nichte? So macht sich Animant auf den Weg nach London. Dort lernt sie nicht nur den attraktiven Mr. Boyle kennen, sondern auch Mr. Reed entpuppt sich als ganz anders, als Animant es erwartet hätte. Wird sie ihre Abneigung gegen die Ehe doch noch aufgeben?
Lin Rinas Schreibstil ist nicht besonders rund und liest sich stellenweise sehr holperig. Die Autorin mischt einen betont altmodischen Schreibstil, der wohl an Jane Austen erinnern soll, mit moderner Umgangssprache. So entstehen viele hölzerne Dialoge, während gleichzeitig Wörter wie „gestresst“ oder „hineinschmökern“ verwendet werden. Der Lesefluss wird so erheblich gestört. Zudem ist der Stil von zahlreichen Wiederholungen geprägt.
Animant Crumb ist die Protagonistin des Buches. Sie stammt aus einer wohlhabende Familie und gehört der sozialen Schicht der landed Gentry, des niedrigen, titellosen Landadels an. Das Vermögen ihres Vater ermöglicht ihr eine gewisse Unabhängigkeit. Anders als viele anderen Frauen in ihrer Umgebung ist sie nicht auf eine gute Partei angewiesen, um nicht den Rest ihres Lebens in Armut zu verbringen oder auf die Gönnerschaft wohlhabender Familienmitglieder angewiesen zu sein. So befindet sich Animant in der bequemen Position sich nicht nur ihren Ehemann aussuchen zu können, sondern sich sogar komplett gegen eine Ehe zu entscheiden. Anders als viele andere junge Frauen kann sie es sich leisten den ganzen Tag mit Lesen zu verbringen. Anstatt sich dieses Privilegs bewusst zu sein und Dankbarkeit zu entfinden, führt dies bei ihr jedoch nur zu einer unsäglichen Arroganz. Sie sieht auf alles und jeden in ihrem Umfeld herab. Niemand ist ihr gut genug und selbstverständlich kann auch niemand an Intelligenz und Bildung an sie heranreichen. Das die meisten Frauen in ihrem Umfeld weder über die Zeit noch über die finanziellen Mittel verfügen um sich den ganzen Tag des Lesens hinzugeben spielt dabei für sie keine Rolle. Wichtig für Animant ist nur, dass sie jemand hat, auf den sie herabblicken kann. Darauf baut ihr Selbstbewusstsein. Aber auch die Männer in ihrer Umgebung haben keinen leichten Stand. Diese sind nach Animants Ansicht allesamt ebenfalls dumm und ungebildet. Animants eigene Intelligenz und Bildung scheint dagegen absolut unglaubwürdig. Es scheint kein Fachgebiet zu geben, auf dem sie nicht belesen ist und das sie nicht zu verstehen scheint. Dies wirkt völlig unrealistisch. Niemand kann einfach alles können und wissen. Da kann natürlich kein Mann mithalten. Auch das die Männer denen sie begegnet hauptsächlich Ansichten verfolgen, welche von der Mehrheit der Gesellschaft als normal erachtet werden, wirft sie ihnen ständig vor.  Der Leser möge es den Männern verzeihen, dass sie nicht 100 Jahre später geboren wurden und die Ansichten ihrer Zeit ihnen als völlig normal erscheinen. Zudem ist Animant extrem oberflächlich. Selbst der kleinste Mankel, der ihr an einem Mann auffällt, macht ihn für sie zu einem Opfer ihres Spotts. Jeder Mann, dessen Äußeres nicht völlig perfekt ist und ihren hohen Attraktivitätsstandards nicht genügen kann, wird von Animant sofort als dumm und ungebildet eingestuft. Dabei gbit sie sich nicht einmal die Mühe diese Männer näher kennen zu lernen. Selbstverständlich darf es aber kein Mann wagen an Animant ähnliche Standards anzusetzen. Sie ist schließlich vollkommen.
Die Handlung des Buches ist an sich logisch, allerdings ziemlich vorhersehbar und recht aufgebläht. Die eigentliche Geschichte ließe sich auch auf der Hälfte der Seiten erzählen. Wirklich zu kritisieren ist jedoch die wirklich schlechte Recherche. Es soll sich bei diesen Buch um einen historischen Roman handeln. Dabei scheint die Autorin Recherche völlig überbewerten. Um hier nur einige der gravierendsten Fehler aufzustellen:
-ständig beklagt sich Animant über ihre weitauslandenden, unpraktischen Röcke, dabei war 1890 eine schmale Rockform in Mode, also das Gegenteil
-Animant verbringt einen ganzen Nachmittag mit Mr. Boyle, ohne Aufsicht und ohne auch nur mit ihm verlobt zu sein, völlig undenkbar für ihre Zeit
-der Skandal einer jungen Frau aus gutem Hause, die tatsächlich eine Arbeit annimmt hätte sich in Londons Gesellschaft wohl wahnsinnig schnell herumgesprochen und zum gesellschaftlichen Ausschluss dieser Frau geführt, stattdessen scheinen alle Personen jedoch nur mit milder Belustigung auf Animants Job zu reagieren
-noch viel extremer verhält es sich mit ihrem Auszug, etwas völlig undenkbares, das eine Familie um 1890 ihrer Tochter unter keinen Umständen erlaubt hätte
-1890, knapp 100 Jahre nach der französischen Revolution, war die englisch Oberschicht noch immer tief erschüttert von dieser und flüchtet sich in ein sehr kompliziertes Gerüst aus Regeln, welche die Ordnung aufrechterhalten sollten, deshalb wären die oben genannten Verhaltensweisen so schockierend für Animants Umgebung gewesen, erst der erste Weltkrieg rüttelte an diesen Normen
-aus einer wissenschaftlichen Bibliothek konnte man sich 1890 keine Bücher ausleihen
-ständig wir erwähnt, dass Frauen keine Möglichkeit hätten zu studieren, das es nur eine Universität für Frauen gäbe und das deren Abschlüsse nicht anerkannt seien, auch wenn es für eine Frau 1890 durchaus nicht nur ungewöhnlich, sondern sogar skandalös war zu studieren war es keinesfalls unmöglich, dabei durften Frauen in England bereits 1876 Medizin studieren, selbstverständlich mit einem anerkannten Abschluss, 1878 öffnete die University of London alle ihre Abschlüsse für Frauen, 1880 schlossen die ersten vier Studentinnen dort ihren Bachlor ab, zum Zeitpunkt der Handlung konnten Frauen also schon etwas mehr als 10 Jahre in London studieren
-Animant erwähnt an einer Stelle Sherlock Holmes, dessen Geschichten sie gut zu kennen scheint, zwar erschien die erste Sherlock Holmes Geschichte bereits 1887 und die zweite folgte 1890, beide blieben jedoch weitgehend unbeachtet, der Erfolg des berühmten Detektives kam erst mit der dritten Geschichte 1891, das eine Frau die angeblich kaum Romane liest da 1890 bereits Sherlock Holmes gekannt haben soll, scheint extrem unwahrscheinlich
                                                                                           
Fazit
Ich habe wirklich selten ein schlechteres Buch gelesen! Keine Ahnung woher der Hype um dieses Buch kommt... Weder konnte ich die viel gelobte wunderschöne Sprache erkennen, sondern nur einen billigen Versuch Jane Austen zu kopieren, noch konnte ich die angeblich so tolle Protagonistin finden, mir ist nur eine verwöhnte, verzogene, eingebildete und arrogante Göre begegnet. Die Liebesgeschichte ist langweilig und vorhersahbar und lässt jegliche Romantik vermissen. Dazu kommt das Ende völlig abrupt und wirkt so unglaubwürdig. Dazu kommt die wahnsinnig schlechte Recherche. Also ganz ehrlich, wenn man keinen Bock auf Recherche hat, dann sollte man das Schreiben historischer Romane (oder jeden anderen Genres das mit Recherche verbunden ist) einfach lassen. Dazu ist das Buch eine Aneinanderreihung vertaner Chancen. Die Protagonistin hat einen ungewöhnlichen Namen, dieser scheint jedoch keine tiefere Bedeutung zu haben und ist kein Hinweis auf etwas geheimnisvolles oder gar auf Fantasyelemente. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Titel „Staubchronik“. Das Buch ist keine Chronik, es kommt im Buch keine Chronik vor, Staub spielt auch keine wichtige Rolle, was soll mir der Titel also sagen? Wahrscheinlich nichts... Im Klappentext wird eine geheimnisvolle Maschine erwähnt.  Hier darf man sich keine Hoffnungen auf Fantasy oder Steam Punk machen. Die Maschine wird nur ein paar Mal kurz erwähnt, spielt aber keine größere Rolle. Warum sie überhaupt im Buch auftaucht bleibt mir ein Rätsel. Ähnlich verhält es sich mit dem täglichen Gangs in Archiv, welches von Animant als sehr unheimlich empfunden wird. Hier lauert jedoch auch nichts besonderes, Animant ist einfach nur überängstlich. Diese Szenen werden wohl nur lang und breit beschrieben um die Seitenzahl aufzublähen. Auch Mr. Reeds Geheimnis, das sich schließlich als völlig harmlos entpuppt, hätte man getrost streichen könne.

Ich bin wirklich tief enttäuscht von diesem Buch! Entgegen des Hypes kann ich es deshalb überhaupt nicht empfehlen.

Kommentare

  1. Danke :). Mir ging es genau so. Ich habe mich von dem Hype mitreißen lassen und war einfach nur enttäuscht. Der Klappentext verspricht mehr, als das, was man am Ende erhält. Einzig das Cover ist traumhaft.

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