Blue Scales: Die Drachen von Talanis

„Sie ist kein Nekromant, sie ist kein Drache. Sie wäre ein Schwachpunkt unserer Familie.“





Klappentext
„Ich träume von Wölfen. Mit hechelnden Zungen graben sie die Nasen in die Erde und suchen den Boden nach mir ab. Schwarze Schatten gleiten durch die Nacht, gelbe Augen leuchten wie die Verdoppelung des Himmelsgestirns auf. Egal wohin ich gehe – Augen. Sie schließen sich, ich stehe in Finsternis.“
Ein Rudel wölfischer Gestaltwandler ist in die Stadt gekommen, um eine alte Rechnung zu begleichen: Der Alpha-Wolf will der Familie Song ihren Platz in der Hexade streitig machen – dem Rat aus sechs Familien, die die moderne Stadt Poschovar unter sich aufgeteilt haben.
Nie hätte die 18-jährige Christine „Christie“ Song gedacht, dass sie eines Tages in die Belange der Familie hineingezogen werden würde. Doch die Wölfe richten die Aufmerksamkeit auf das vermeintlich schwächste Familienmitglied, das – als außereheliches Kind – wohl kaum deren mächtige magische Fähigkeiten geerbt haben kann. Unversehens findet sich die junge Frau in einem gewaltsamen Konflikt wieder, mit dem sie nichts verbindet als ihr Familienname. Ihre einzigen Waffen gegen den Feind: Ihre Sturheit, ein Polo-Schläger und die seltsamen, blauen Schuppen an ihren Schultern, die einen Hinweis auf ihren leiblichen Vater geben.

Übersicht
Autor: Katharina V. Haderer
Verlag: Drachenmond Verlag
Sprache: Deutsch
Seiten: 293
ISBN: 978-3-95991-313-3
Genre: Fantasy
Reihe: Ja, Band 1 der Reihe die Drachen von Talanis
                                            
Rezension
Die 18-jährige Christie Song lebt das ganz normales Leben einer alles anderen als wohlhabenden Familie, in der Stadt Poschovar. Ihre Mutter betreibt einen Laden für alternative Heilmedizin, der gerade genug abwirft, um die Familie zu ernähren. Auch Christie und ihre vier Jahre ältere Schwester Linda, genannt Lin, arbeiten in dem Laden. Die Familie teilt sich eine winzige Wohnung. Die Mutter schläft im Wohnzimmer und Lin und Christie teilen sich ein kleines Zimmer. Für eine höhere Schulbildung oder gar ein Studium hätte die Familie kein Geld gehabt. Der Vater der beiden sitzt eine langjährige Haftstrafe ab.
Mit ihrem Vater fängt dann auch der so gar nicht normale Teil von Christies Leben an. Dessen Mutter, die Matriarchin der Familie, ist ein Teil der sogenannten Hexade. Früher, als die Stadt Poschovar sich in politischen unruhigen Zeiten weitestgehend selbst verwalten musste, herrschte die Hexade über die Stadt. Die Hexade gibt es zwar noch,  hat aber viel von ihrem früherem Einfluss verloren. Trotzdem ist die Mitgliedschaft noch sehr begehrt. Nur Interens, magische Zwischenwesen werden in die Hexade aufgenommen. Dazu gehören Gestaltwandler, Drachenwandler, Heilmagier, Nekromanten, Feuermagier und andere Wesen. In der modernen Welt sind sie selten geworden. Christies Großmutter, genauso wie ihr Enkel Zhang, Christies Cousin, ist eine Nekromantin. Von einem anderen Teil der Familie hat Christies Vater, der rote Drache seine Fähigkeit geerbt. Auch Lin zeichnen einige rote Schuppen als Drachen aus, wandeln kann sie sich jedoch nicht. Nur in Christie vermutet niemand in der Familie ein magisches Wesen. Denn die Familie hütet ein Geheimnis. Christies Vater ist nicht ihr biologischer Vater. Sie ist das Ergebnis einer Affäre.
Als ein Rudel von Gestaltwandlern einen Machtkampf um einen Platz in der Hexade anzettelt gerät Christie zwischen die Fronten. Plötzlich gewinnt ihre Herkunft an Bedeutung.
Der Schreibstil von Katharina V. Haderer ist modern und klar. Er lässt sich schnell und flüssig lesen und kommt ohne Pomp aus. Damit passt er gut zu der modernen Welt des Kontinentes Vesper. Trotzdem wirkt der Stil der Autorin an keiner Stelle nüchtern oder kalt, sondern schafft es den Leser schnell in den Bann der Geschichte zu ziehen.
Christie in vielen Dingen ein ganz normales Mädchen und bietet so viel Identifikationspotenzial für die Leser. Während ihre Mutter und Schwester auffallend hübsch sind und regelmäßig die Aufmerksamkeit von Männern auf sich ziehen, ist Christie zwar nicht hässlich, aber sehr unscheinbar. Im Großen und Ganzen stört Christie ihr Aussehen nicht. Ab und an beschleichen sie jedoch Selbstzweifel und auch der Neid auf ihre Schwester lässt sich nicht immer unterdrücken. Erschwerend für Christies Selbstbewusstsein kommt noch hinzu, dass ihre Großmutter sie wegen ihrer unehelichen Abkunft nie als Teil der Familie behandelt hat. Sie macht Christie häufig sehr deutlich, dass sie in ihren Augen minderwertig ist und ihr nie genügen wird. Diese Ablehnung kratzt sehr an Christie und auch wenn sie daran gewöhnt ist, treffen die Beleidigungen ihrer Großmutter sie immer noch sehr. Ihre Mutter, ihre Schwester und ihr Vater, der ja nicht ihr biologischer Vater ist, haben sich jedoch immer bemüht das Verhalten der Großmutter wett zu machen. So hat Christie ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Familie. Auch ihr Cousin Zhang, der einmal Patriarch der Hexade werden soll, hat sich von seiner Großmutter nie beeinflussen lassen. Er ist der einzige, dem sie ihr größtes Geheimnis anvertraut hat. Die beiden verbindet eine innige Freundschaft. Aber auch außerhalb ihrer Familie findet die sportliche Christie Freunde und Bestätigung. Als begeisterter Fahrrad-Polo Spielerin ist sie ein fester Teil ihrer Mannschaft. Zusammen mit ihrer besten Freundin, der vier Jahre ältere Cordula trainiert sie begeistert. Christie ist ausgesprochen Pflichtbewusst, sogar ihrer Großmutter gegenüber. Für Freunde und die Familie einzustehen ist für sie selbstverständlich.
Die Welt in der Blu Scales spielt ähnelt, ungewöhnlich für eine Fantasy Welt, in den meisten Dingen unserer Gegenwart. Elektrizität und alles was dazu gehört vom Handy über den Computer bis zum Kühlschrank ist genauso normal und allgegenwärtig wie Fahrräder, Autos oder Beton. Nur in einer Sache unterscheidet sich diese Welt deutlich von unserer. Es gibt Magie. Magische Wesen sind selten und für viele Menschen etwas ungewöhnliches, aber nichts Unbekanntes. Die Handlung spielt sich auf dem Planten Vesper ab, der erst relativ spät besiedelt wurde. In vieler Hinsicht erinnert Vesper an Nordamerika und genau wie Nordamerika ist auch Vesper durch viele verschiedene Einwanderer zu einem Schmelztiegel der Kulturen geworden. Talanis, der Herkunftskontinent von Christies Familie erinnert stark an Asien und viele Elemente aus unterschiedlichen asiatischen Kulturen finden sich auch in der talanidischen Kultur wieder.
Der Aufbau der Welt ist zunächst ungewohnt, jedoch logisch und detailliert durchdacht.

Fazit
Handys, Autos, Kühlschränke, eine fremde Welt, Magie und Drachen... Passt das zusammen? Zumindest in diesem Fall ganz eindeutig! Schon lange frage ich mich warum Fantasybücher eigentlich so oft in Welten spielen die an das Mittelalter angelehnt sind. Warum nicht an mal an unsere Zeit? Katharina V. Hader zeigt, dass Modernität und Magie keine Widersprüche sind, sondern sich wunderbar ergänzen. Christie hat mir als Protagonistin sehr gut gefallen. Sie ist nicht gewollt normal, sondern einfach glaubwürdig und realistisch. Das Mädchen, dass einem auf dem Fahrrad das Essen vom asiatischen Lieferservice bringt, könnte auch Christie sein. Sie war mir sofort sympathisch und ich habe die ganze Zeit über begeistert mitgefiebert. Die Handlung nimmt immer wieder unvorhersehbare Wendungen, sodass ich das Buch am liebsten gar nicht mehr aus der Hand gelegt hätte. Ich bin wirklich begeistert und wahnsinnig gespannt darauf wie es weitergeht! Gut, dass der zweite Band schon auf mich wartet!

Ich kann Blue Scales wärmstens empfehlen!

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