Stern des Nordens
„Geliebter Führer, Geliebter General. Wie bescheiden war
dieser Mann in seiner einfachen Arbeiterkleidung! Wie zerbrechlich ob all der
Mühsal, die er für das Glück seines Volkes auf sich genommen hatte.
Klappentext
Undercover in Nordkorea.
Washington D.C.: Niemand kennt das verbotene Land so gut wie
Jenna Williams. Als die CIA sie für eine
tödliche Mission in Nordkorea erwählt, will sie nur eins: ihre
Zwillingsschwester finden, die vor zwölf Jahren spurlos verschwand.
Die nordkoreanische Provinz: Bäuerin Moon kämpft täglich ums
Überleben. Sie hat schon alles gesehen und sie hat nichts zu verlieren. Dann
wird eine der Marktfrauen verhaftet – und Moon entwickelt sich zur Stimme des
Widerstands.
Pjöngjang: Anlässlich einer Beförderung wird die
Familiengeschichte des Parteifunktionärs Cho durchleuchtet. Was dabei ans Licht
kommt lässt den linientreuen Anhänger Kim Jong-ils alles in Frage stellen,
woran er jemals geglaubt hat.
Ein Land, abgeschottet von der Außenwelt. Drei Schicksale,
die sich in einem explosiven Thriller verbinden.
Übersicht
Autor: D.J. John
Verlag: Wunderlich Verlag
Sprache: Deutsch, Übersetzung aus dem Englischen
Seiten: 557
ISBN: 978-3-8052-0332-6
Genre: Thriller
Reihe: Nein
Rezension
2010 in Washington D.C. Dr. Jenna Williams, halb Koreanerin,
halb Afroamerikanerin gilt als ausgezeichnete Nordkorea Kennerin. Doch Jenna
hat auch ein Geheimnis. Vor zwölf Jahren verschwand ihre Zwillingsschwester
während eines Auslandssemesters in Südkorea. Zusammen mit einem gleichaltrigen
Jungen ist sie von einem Strandausflug auf der Insel Baengnyeong nie wieder
zurückgekehrt. Offiziell gelten die beiden als ertrunken. Doch Jenna ist davon
überzeugt, dass ihre Schwester noch lebt. Wurde sie entführt? Nach Nordkorea?
Als die CIA auf Jenna aufmerksam wird und ihr einen Job anbietet willig sie
nach langem zögern an. Doch es ist nicht der Schutz ihrer Heimat der Jenna zum
Geheimdienst treibt, sondern die Hoffnung ihre Schwester zu finden.
Zur gleichen Zeit in der nordkoreanischen Provinz. Die
Bäuerin Frau Moon war früher einmal überzeugt von den Vorteilen des
Sozialismus. Doch schon vor langer Zeit hat sie zwei Sachen gelernt,
Sozialismus kann auch Hunger und Elend bedeuten und eine Frau kann sich auf
Männer verlassen. Eines Tages entdeckt Frau Moon einen Ballon im Wald. Gefühlt
mit einer Taschenlampe, Wollsocken, Schokoladenkekse und Flugblättern aus
Südkorea. Die Flugblätter verbrennt sie. Zu groß ist ihre Angst. Doch mit dem
Rest hat sie einen Plan. In der Stadt Hyesan, nahe der chinesischen Grenze,
schließt sie sich den Marktfrauen an und baut ein lukratives Geschäft auf.
Gleichzeitig steigt ihre Abneigung gegen das Regime. Widerstand regt sich in
Frau Moon. Doch sie hütet ein dunkles und gefährliches Geheimnis.
Pjöngjang, Nordkoreas Hauptstadt, das gleiche Land und doch
ein anderes Leben. Cho ist General der Nordkoreanischen Armee, Parteifunktionär
und Diplomat. Er führt das Leben der Oberschicht. Seiner Frau und seinem Sohn
kann er viele Annehmlichkeiten bieten. Doch all das gerät plötzlich in Gefahr.
Den Chos Bruder, einem hochrangigem Parteikader und noch deutlich wohlhabender
als Cho, wird eine wichtige Beförderung angeboten. Auch Chos Karriere könnte
davon profitieren. Doch die Beförderung
birgt ein großes Risiko. Sie setzt ein umfassende Überprüfung des familiären
Hintergrundes voraus. Doch Cho und sein
Bruder sind adoptiert. Die Wahrheit über ihre Eltern könnte sie ihr Leben
kosten. In einem Land das seine Bürger in Klassen einteilt, je nachdem wie sich
ihre Vorfahren währendes Koreakrieges verhalten haben und das Sippenhaft bis in
die dritte Generation praktiziert, kann die Familie zu einer Gefahr werden. Dem
Linientreuen Cho kommen Zweifel an dem System.
D.B. Johns Schreibstil ist ruhig und eher unaufgeregt.
Gerade dadurch wird die passsende beklemmende und gefährliche Atmosphäre
kreiert, die das Leben im totalitärstem Staat der Welt begreiflich macht.
Langsam, aber unaufhaltsam baut sich eine Spannung auf, die den Leser bis zur
letzte Seiten fesselt. Dabei gelingt es dem Autor einfühlsam, lebensnah und
greifbar das Leben dreier völlig unterschiedlicher Figuren zu schildern. Für
Bürger eines westlichen, demokratischen Staates ist die Welt Nordkoreas ein
völlig fremde, sehr schwer zu begreifende. Selbst diejenigen, welche am eigenen
Leib erfahren haben, was es heißt in einer Diktatur zu leben, auch einer die
Nordkoreas Regime ähnlich war, wie der UDSSR oder der DDR, können nur eine vage
Ahnung davon haben, was es heißt in Nordkorea zu leben. Ein winziger,
strategisch unbedeutender Staat, irgendwo in Asien. Eine Diktatur die so
abgeschottet ist wie keine Zweite. In der es kein Internet gibt, in der die
breite Massen noch nie einen Computer gesehen hat, in die keine Fernsehsignale
anderer Länder dringen. Ein Land, das Ausländer nur unter strengen Vorkehrungen
und ständiger Überwachung betreten dürfen, dessen Bürgern nur dann, wenn sie
absolut Linientreu sind das Land verlassen dürfen, unter Bewachung und meistens
nur nach China, dessen Regierung versucht sämtliches Wissen über das Leben
außerhalb seiner Grenzen systematisch auszulöschen, in dem Personenkult die
Religion ersetzt hat, jeder Bürger ständig überwacht wird, in dem Hunger zum
Alltag gehört, die moderne Welt sich wie erfunden anhört, das voll von
Arbeitslagern, Umerziehungslagern und Konzentrationslagern ist. Ein
unvorstellbares Leben. Die westliche Welt spottet gerne über das Regime und
seine Ausschweifungen. Und trotzdem gibt sie ihm immer nach, den Atombomben
sind eine mächtige Waffe.
All dies schildert D.B. John so eindrucksvoll, dass es für
den Leser lebendig wird.
Die Charaktere sind komplex und vielschichtig.
Jenna Willimas ist aufgewachsen zwischen drei Kulturen. Ihre
Mutter ist Koreanerin, ihr Vater Afroamerikaner und irgendwie musste sie ihren
Weg in den immer noch von Weißen dominierten USA finden. Jenna ist intelligent
und gebildet, eine ausgezeichnete Kampfsportlerin, die meisten Menschen halten
sie für attraktiv, doch für Beziehungen und Freundschaften hat Jenna keinen
Sinn. Das Verschwinden ihrer Schwester hat Jenna schwer traumatisiert. Immer
wieder wird sie von Albträumen geplagt. Sie lebt zurückgezogen, geht völlig in
ihrem Job und ihren Studien auf. Ihr engster Kontakt ist ihr Kater. Ohne es zu
ahnen ist Jenna damit zu einer idealen Kandidatin für die CIA geworden.
Nordkorea Spezialisten sind rar, Spione vor Ort gibt es nicht, doch Jenna
könnte das ändern.
Moon ist eine resolute ältere Frau. Sie hat gelernt, dass
sie sich auf Männer nicht verlassen kann, sondern ihr Leben selbst in die Hand
nehmen muss. Sie lässt sich von
niemandem die Butter vom Brot nehmen. Menschen gegenüber die sie in ihr Herz
geschlossen hat ist Frau Moon bedingungslos loyal. Doch sie hat gelernt im
unmenschlichen Nordkorea zu überleben. Frau Moon weiß man sich lieber im
Hintergrund halten muss und wann man seine Meinung sagen kann. Sie weiß wen sie
bestechen muss um zu bekommen was sie will. Ihr Überlebenswille ist stark, ihre
Durchsetzungskraft groß und sie ist bereit hart zu arbeiten. So schlägt sie
sich durchs Leben.
Cho ist ein anderes Kaliber. Er ist in einem Waisenhaus
aufgewachsen. Doch Hunger und Entbehrung sind nur eine vage Erinnerung aus
seiner Kindheit. Er wurde in die höchsten Kreise Pjöngjangs adoptiert und ist
behütet aufgewachsen. Seine Ideologische Erziehung ist einwandfrei, sein
Lebenslauf makellos, seine Frau stammt aus einer angesehenen Familie von
revolutionären, sie schön und die Eheschließung war politisch Vorteilhaft. Sein
Sohn ist ein leuchtendes Beispiel für ein nordkoreanisches Kind. Sein älterer
Bruder ist erfolgreich, geachtet und auch Cho wird Karriere machen. Doch
trotzdem sind da Zweifel. Die Angst, dass seine Abstammung ihm das Genick
brechen könnte, seinen Sohn ins Unglück stürzen könnte. Nach außen hin ist Cho
linientreu und über jeden Zweifle erhaben. Doch nicht einmal im
Überwachungsstaat Nordkorea kann man seine Gedanken lesen.
Die Geschichten der drei Protagonisten verflicht der Autor
geschickt zu einem unvergleichlichem Thriller.
Die Geschichte wirkt teilweise surreal, die Machenschaften des Kim Klans unglaubwürdig und zusammen phantasiert. Doch der Autor liefert im Anhang umfassende Belege und Recherchematerial. Seine Geschichte ist fiktiv, doch nach allem was man über Nordkorea weiß, könnte sie sich genau so tatsächlich zugetragen haben.
Die Geschichte wirkt teilweise surreal, die Machenschaften des Kim Klans unglaubwürdig und zusammen phantasiert. Doch der Autor liefert im Anhang umfassende Belege und Recherchematerial. Seine Geschichte ist fiktiv, doch nach allem was man über Nordkorea weiß, könnte sie sich genau so tatsächlich zugetragen haben.
Fazit
Dieses Buch ist wirklich großartig. Schon lange interessiere
ich mich sehr für Nordkorea. Ich verschlinge Zeitungsartikel und Berichte über
dieses unbegreifliche Land förmlich. Ich bin immer auf der Suche nach guten
Dokumentationen. Auf meiner Wunschliste tummeln sich bereits einige Fach-und
Sachbücher über Nordkorea, aber auch Erfahrungsberichte der wenigen Flüchtlinge
und Touristen. Da fiel mir zufällig „Stern des Nordens“ in die Hand. Einen
Thriller über Nordkorea zu schreiben erschien mir unmöglich. Schließlich kann
man in dem Land nicht unabhängig recherchieren. Es sind kaum aktuelle Berichte
zu bekommen. Doch D.B. John ist das unmögliche gelungen. Aus einem
Flickenteppich an Informationen zeichnet er ein realistisches Bild dieses Landes
und schuf gleichzeitig einen fesselnden Thriller. Die erste Hälfte des Buches
ist eher Ruhig. Man beobachtet die Protagonisten in ihrem Alltag und kann ihre
Entwicklung beobachten. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Ich konnte
das Buch kaum noch aus der Hand legen. Und ja, ich habe heimlich in der Uni
weiter gelesen.
Am Ende gibt es eine etwas unglaubwürdige und übertriebene
Szene, aber ansonsten gibt es nicht über das ich meckern kann. Den Anhang
sollte man am Ende unbedingt ebenfalls lesen. Die Hintergründe und Quellen, die
der Autor dort präsentiert sind sehr lesenswert! Fans guter und ungewöhnlicher
Thriller kann ich Stern des Nordens absolut empfehlen. Eigentlich habe ich nur
einen richtigen Kritikpunkt. Das Buch ist zu kurz! Ich hätte gerne nach dem
Ende noch ein paar Kapitel gehabt. Aber irgendwann muss wohl jedes Buch zu Ende
sein.
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