Nordland
„Wir beenden diese ganze Ungerechtigkeit. Das verspreche ich
dir. Kein System hält ewig.“
Klappentext
Er lenkte die Limousine um die nur scheinbar harmlosen
Pfützen herum. Im Schanzenviertel durfte man nichts und niemandem trauen.
Hamburg im Jahr 2059. Die Bundesrepublik ist Geschichte. Die
nördlichen Bundesländer haben sich zu „Nordland“ zusammengeschlossen, einem
Staat, in dem allein das Geld regiert. Politiker, Richter, Frauen – in
Nordlands Hauptstadt Hamburg ist alles käuflich. Als ein Mann aus dem heruntergekommenen
Schanzenviertel für ein Verbrechen hingerichtet wird, das er nicht begangen
hat, regt sich ein lang vergessener Widerstand. Lilith, die zu den reichen
Birds gehört, sympathisiert mit den Rebellen. Sie ahnt, dass mehr hinter dem
Aufstand steckt. Aber Nordland ist ein gefährlicher Ort für Frauen, die das
bestehende System hinterfragen. Die Männer an der Spitze räumen jeden aus dem
Weg, der das fragile Gleichgewicht des Landes bedroht. Und Liliths Vater ist
nicht dafür bekannt, Ausnahmen zu machen...
Übersicht
Autor: Gabriele Albers
Verlag: Acabus
Sprache: Deutsch
Seiten: 663
ISBN: 978-3-86282-549-3
Genre: Dystopie
Reihe: Nein
Rezension
Hamburg 2059 – Deutschland hat sich verändert. An einer
Reihe von Rohstoffkriegen ist die Bundesrepublik zerbrochen. Einige reiche und
einflussreiche Männer der nördlichen Bundesländer haben sich zusammengetan und
den Staat Nordland, mit Hamburg als Hauptstadt gegründet. Diese Männer haben
die wichtigsten Wirtschaftszweige haben sie unter sich aufgeteilt und in den folgenden
Jahren Millionen und Milliarden verdient. Ein fragiler Pakt sorgt für das
Gleichgewicht zwischen diesen Männern und sichert das Bestehen von Nordland.
Auf dem Papier ist Nordland ein demokratischer Rechtsstaat. Doch in Wahrheit
ist es eine Oligarchie. Die Macht liegt bei den reichen Männern, die immer
reicher werden. Ihrer Senatorenämter, bei denen die wahre Regierungsmacht
liegt, vererben sie an den nächsten männlichen Verwandten. Die nicht ganz so
reichen Männer und die kleine Mittelschicht bilden das Parlament und vererben
ihre Ämter ebenfalls. Frauen spielen keine Rolle in der Politik und Wirtschaft
Nordlands. In den Jahren der Rohstoff-und des Unabhängigkeitskrieges reichte
die Anzahl der Polizisten nicht mehr aus um bei Fällen von häuslicher Gewalt
einzuschreiten. Um die Lage in den Griff zu bekommen wurden kurzerhand die
Frauenrechte weitgehend abgeschafft. Die Ehefrauen der reichen Nordländer haben
ihre Rolle als Hausfrau und Mutter ohne wohl oder übel weitestgehend
akzeptiert. Ihre Töchter, die nächste Generation der Nordländer, kennt gar
nichts anderes und ist mit einem Rollbild das einmal als längst überholt galt
aufgewachsen. Das Frauen und Männer einmal gleichberechtigt waren ist ihnen
fast unbekannt, von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel haben sie noch
nie gehört. Anders sieht es bei den Verlierern Nordlands, der breiten
Unterschicht, aus. Hier hat sich das Wissen um die alte Ordnung häufig noch
erhalten. Doch im alltäglichen Kampf ums überleben spielt das kaum noch eine
Rolle. Doch ein kleiner Funke kann ausreichen den Widerstand zu entfachen.
Der Schreibstil von Gabrile Albers ist bildhaft und lässt
das Bild eines dystopischen Hamburgs vor den Augen der Leser entstehen. Die
Autorin schafft eine düstere Atmosphäre der Spannung und des Niedergangs. Trotz
der Rückschritte des politischen und gesellschaftlichen Systems hat die
technische Entwicklung enorme Fortschritte gemacht. Dieser Gegensatz wird von
der Autorin glaubhaft deutlich gemacht. Ihre Figuren sind lebendig beschrieben.
Lillith Civetta ist die Protagonistin der Geschichte. Sie
ist schön, reich, aber auch klug, ehrgeizig und wirtschaftlich gebildet. Ihre
Hochsensibilität macht sie besonders empfänglich für die Gefühle anderer
Menschen. Eine Fähigkeit, die für sie Segen und Fluch zugleich ist. Sie ist
überfordert von den Emotionen anderer Menschen, schafft es aber auch ihr Gespür
zu ihrem Vorteil und zum Vorteil des Civetta Imperiums einzusetzen. In unserer Welt würde Lillith wohl eines
Tages die Nachfolge ihres Vaters als Chefin seiner Firmen antreten. Doch in der
Welt von Nordland ist dieser Platz nicht für eine Frau vorgesehen. Frauen
sollen gut aussehen, ihren Mann gut dastehen lassen und einen Erben gebären.
Lillith kann das Imperium ihres Vaters nicht erben. Stirbt er, wird sie alles
verlieren. Es sei denn er hat bis dahin einen Ehemann für seine Tochter
gefunden, der sein Nachfolger werden kann. Und genau das will Davide Civetta
jetzt tun. Auf die Gefühle und Wünsche seiner Tochter scheint er dabei wenig
Rücksicht zu nehmen. Hauptsache die Verbindung ist gut für seine Geschäfte.
Lillith kann nur darauf hoffen, dass ihr zukünftiger Ehemann kein schlechter
Mensch ist. Vielleicht schafft sie es auch ihren Vater von einem der Kandidaten
aus der skandinavischen Union zu überzeugen, denn dort gibt es
Gleichberechtigung noch und Lillith könnte frei sein. Auch wenn Lillith mit
ihrer Rolle unzufrieden ist, im Großen und Ganzen mag sie ihr Leben und glaubt
an Nordland. Über die Ungerechtigkeit, die Nachteile, die Armut, die Ausbeutung
und all die anderen schlechten Seiten hat sie lange Zeit hinweggesehen. Doch
nachdem ein unschuldiger Man zum Tode verurteilt wurde und sich im Volk
zunehmend Protest regt kann sie das nicht mehr. Lillith fühlt sich immer
stärker zu den Rebellen hingezogen. Sie sympathisiert mit ihren Ideen und
schaut immer tiefer hinter die Fassade von Nordland, die ihr Vater für sie
aufgebaut hat. Dann ist da auch noch Bo, der charismatische, gut aussehende und
intelligente Anführer des Widerstandes. Lillith wird immer stärker in ein
gefährliches Spiel hineingezogen, dem sie vielleicht nicht gewachsen ist.
In Nordland gibt es gleich mehrere zentrale Konflikte. Da
ist Lillith, die zwischen der Glitzer, und Glamour Welt in der sie aufgewachsen
ist und dem Kampf für ein gerechtes Nordland hin-und hergerissen ist. Die ihre
Gefühle für Bo und einen klaren Kopf unter einen Hut bringen muss. Bo, der
Unterstützung für seinen Widerstand braucht, aber einen friedlichen und keinen
gewaltsamen Protest möchte, obwohl viele der Unterschicht nicht glauben, dass
man mit gewaltlosen Aktionen Erfolg haben will. Nordland, ein Staat der formale
ein demokratischer Rechtstaat ist und in der Realität von Oligarchen autoritär
regiert wird. Ein Widerspruch der zunehmende Spannung hervorruft.
Fazit
Ich lese ja wirklich gerne Dystopien aller Art und Nordland
gehört definitiv zu den wirklich Guten. Die Geschichte ist spannend, macht
nachdenklich, ist gesellschaftskritisch, düster, aber auch hoffnungsvoll,
lebendig und innovativ. Die technischen Entwicklungen die sich die Autorin
überlegt hat haben mir besonders gut gefallen. Aber auch die wirtschaftlichen,
gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen Nordlands sind toll
geschildert. Außerdem war es natürlich toll mal über ein ganz anderes Hamburg
zu lesen, als das Hamburg das ich kenne und liebe. Sich vorzustellen wie
unglaublich sich die Stadt verändert haben muss und wie bekannte und vertraute
Orte plötzlich ganz anderes sind oder gar nicht mehr existieren hat der
Geschichte einen besonderen Reiz verliehen. Ich kann Nordland wirklich nur
empfehlen.
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