Speed of the Desperate

„Du tust es nur, weil es dich umbringen könnte. Weil es verboten ist.“







Klappentext
Kaiserreich Mandschuko, 1954. Nach dem Sieg der Achsenmächte ist Mukden das Zentrum allen Vergnügens im Dreimächtereich. Zwischen Spielhölle und Rennbahn wächst Hyuna im koreanischen Viertel von Mukden auf. Ihre Leidenschaft gilt den Wagenrennen; für einen Startplatz verpfändet sie ihre Freiheit und wird Teil der Harbin Tàiyáng, einem in die Jahre gekommen Rennstall, um den Starlenker Je-Jun. Und während Hyunas Welt nur noch aus Wagenrennen und Je-Jun besteht, erstarken außerhalb des Dreimächtereichs die Alliierten erneut und auch die Japaner beäugen ihren Satellitenstaat ganz genau.
Mit einem Mal befinden sich Hyuna und ihr Team zwischen den Fronte, als der letzte Kaiser von Mandschuko stirbt... und man munkelt, Je-Jun sei sein Nachfolger.

Übersicht
Autor: Nika S. Daveron
Verlag: Selbstverlag
Sprache: Deutsch
Seiten: 356
ISBN: 978-1704499505
Genre: Alternativweltgeschichte
Reihe: Ja, Band 1 der Speed of the Desperate Reihe

Dieses Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. 

Rezension
Kaiserreich Mandschuko 1954, nicht die Alliierten, sondern die Achsenmächte haben den 2. Weltkrieg gewonnen. Der japanische Marionettenstaat Mandschuko, offiziell regiert vom letzten chinesischen Kaiser der Qing-Dynastie, besteht fort. Jeder in Mandschuko weiß, dass nicht der Kaiser, sondern die Japaner das Sagen haben. Auch die Einheit 731 der japanischen Armee führt immer noch ihre Experimente im Gefängnis Pingfang durch und ist der großen Schrecken aller nicht-japanisch stämmigen Einwohner Mandschukos. Ganz unten auf der gesellschaftlichen Leiter stehen die vielen, aus der japanischen Kolonie Chosen angesiedelten Koreaner.
Zu diesen gehört auch die 22-jährige Hyuna, aus Mukden, der Hauptstadt des Vergnügens. Anders als viele andere Koreaner ist sie frei, noch. Den Hyuna möchte sich verkaufen, um an den berühmten Wagenrennen teilnehmen zu können.
Ihr Vorhaben hat Erfolg und sie wird vom Trainer und Besitzer der Harbin Tàiyáng gekauft. Wie jedes Team besteht auch ihres aus vier Personen. Da sind der koreanisch stämmige Je-Jun, der Lenker des Wagens und ein verurteilter Dieb, der verkauft wurde um die Geschädigten auszuzahlen. Der tatarische Chinese, ebenfalls eine der Ethnien die in Mukden ganz unten stehen, Wei, der sich verkauft hat um sein Kind versorgen zu können und jetzt der Scharfschütze des Teams ist. Der deutsche Leander, ein ehemaliges SS-Mitglied, der seine Schulden nicht mehr bezahlen konnten und von den meisten dafür verachtet wird, dass er als Angehöriger der Herrenrasse unfrei ist. Als Saboteur ist er dafür verantwortlich während eins Rennens die anderen Teams zu stören. Der Tank des Teams, dessen Aufgabe es ist die anderen Mitglieder, besonders den Lenker, während eines Rennes zu schützen ist eigentlich der Japaner Haruki. Ebenso wie Leander ist es auch bei ihm ungewöhnlich, dass er unfrei ist, doch Haruki ist in eine Falle getappt und hat sich deshalb verkauft. Seit einem Rennen ist er verletzt und jetzt ist es Hyunas Aufgabe seinen Platz einzunehmen.  
Abgerundet wird das Team durch ihre beiden Pferde, die deutschen Traber Adolf und Eva.
Während sich Hyuna immer besser in de abgeschlossenen  Welt der Wagenrennen zurecht findet und Je-Jun beweisen kann, dass sie etwas drauf hat, nehmen außerhalb Mandschukos Entwicklungen ihren Lauf, die bald auch Hyunas Leben beeinflussen werden. Die Alliierten wurden zwar besiegt, aber nicht vernichtet und jetzt erstarken sie von neuem. Als dann auch noch der Kaiser stirbt fällt der letzte Schutz für die ethischen Minderheiten in Mandschuko und Krieg droht. Und dann tauchen auch noch Gerüchte auf, gefährliche Gerüchte, nach denen Je-Jun der Nachfolger des Kaisers ist.
 Der Schreibstil der Autorin ist ausgesprochen lebendig und packend. Die Slums von Mukden und die Welt der Rennbahn entstehen vor den Augen des Lesers. Dabei schwingt immer, auch in den heiteren Szenen eine unterschwellige Ahnung von Gefahr mit. Die ständige Bedrohung der Hyuna als Koreanerin und als Teilnehmerin an Wagenrennen ausgesetzt ist, aber auch der herannahende Krieg, sind ständig spürbar. Ein Koreaner ist in Mandschuko nichts wert, dieses beklemmende Gefühl bleibt immer spürbar. Aber auch ganz große Emotionen, Liebe, Leidenschaft, Hass, Wut, Angst, Begeisterung oder Hilflosigkeit werden eindrücklich geschildert.
Die Geschichte wird abwechselnd aus Sicht von Hyuna und Je-Jun erzählt.
Hyuna ist ein schwieriger Charakter. Sie ist noch relativ jung, aber sie hat in ihrem Leben schon einiges durch. Nicht nur Armut und harte Arbeit, sondern auch Rassismus und Ausgrenzung sind feste Bestandteile ihres Alltages. Zuerst hat sie ihren Vater, dann auch ihren Bruder früh verloren. Beide Ereignisse haben sie sehr geprägt, besonders da sie dem allgegenwärtigen Rassismus eine große Schuld am Tod der beiden gibt. Der Tod ihres Bruders verfolgt sie ständig, so sehr, dass sie von ständigen Gedanken an den Tod verfolgt wird. Hyuna erträgt ihr Leben nur schwer, eigentlich ist es vor allem der Alkohol, der ihr hilft jeden Tag zu durchstehen. Sowohl bei ihrer Mutter, als auch bei ihrem Teamkollegen Je-Jun stößt ihr Alkoholismus auf große Kritik. Ihre Mutter macht sich vor allem Sorgen, dass Hyunas Trinkerin irgendwann ihr Leben ruinieren wird, weil sie vollständig die Kontrolle verlieren wird. Der Kontrollverlust ist es auch, der Je-Jun beunruhigt. Allerdings fürchtet er nicht um Hyunas Leben, sondern um sein eigenes, schließlich ist er in jedem Rennen darauf angewiesen, dass sie es schützt.
Liebe ist etwas das Hyuna, auch aus Selbstschutz, schwer fehlt. Sie hatte in der Vergangenheit vor allem kurze und leidenschaftliche sexuelle Abenteuer, die sie beendet hat, bevor sich etwas ernsthaftes entwickeln konnte. 
Je-Jun ist in vielerlei Hinsicht das absolute Gegenteil zu Hyuna. Er ist ernst, nachdenklich und kontrolliert. Über seine Herkunft weiß  er nur wenig. Seinen Vater hat er nie kennen gelernt und seine Mutter verstarb als er noch ein Kind war. Warum er Koreaner ist, aber kein Wort dieser Sprache versteht, weiß er nicht. Je-Jun hat eine erfolgreiche Karriere als Einbrecher hinter sich. Als er schließlich erwischt worden ist, haben die Opfer seiner Einbrüche statt einer Gefängnisstrafe seinen Verkauf gefordert um ihre Schäden ersetzen zu können. Je-Jun hat sich seinem Schicksal gefügt und ist ein hervorragender Wagenlenker geworden.

Fazit
Auf Nika S. Daveron bin ich ursprünglich über ihren Blog Arschlochpferd gestoßen, dann habe ich entdeckt das sie auch Bücher schreibt. Als Autorin von bissigen Büchern über den Reitsport, inspiriert von ihrem Blog, konnte sie mich bereits genauso überzeugen wie als Fantasyautorin.  Nun also eine Alternativweltgeschichte, ein Genre das ich zwar gerne lese, bei dem es aber auch schwer ist, mich zu überzeugen, da viele Geschichten schnell ins unglaubwürdige abdriften.
Das ich Speed of the Desperate als Rezensionsexemplar gewonnen habe, war für mich deshalb besonders spannend.  Und was soll ich sagen? Ich bin absolut begeistert. Die Welt, die Geschichte, die Charaktere, die Rennen, alles ist spannend, lebendig, mitreißend und in jeder Hinsicht gelungen. Der Einstieg war zwar ein wenig holprig, ich musste mich erst zwischen den vielen Ethnien die im Buch vorkommen, den vielen ungewohnten asiatischen Namen und dem Verlauf den die Weltgeschichte genommen hat orientieren, aber dann hat mich die Geschichte schnell in ihren Bann gezogen. Ich hätte das Buch am liebsten gar nicht mehr aus der Hand gelegt und habe sogar einen Teil meines kostbaren Schönheitsschlafes geopfert um weiterzulesen.
Für mich ist es das bisher beste Buch, dass ich von Nika S. Daveron gelesen habe.

Abschließend habe ich nur zu sagen: Man gebe mir den zweiten Teil und zwar sofort! Ich muss unbedingt wissen wie es weitergeht!

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